ProWein Tagebuch Teil 1: DER GRENZGÄNGER

Wer in einer Region aufwächst, die gefühlt das Ende der westlichen Welt bedeutete, fern von Industrie, in einem Landstrich in der sich die Natur über Jahrzehnte selbst ein Reservat schuf, lange bevor es Naturschutzgebiete und Nationalparks gab, nur so jemand kann eine Philosophie von Wein entwickeln, die derart einzigartig und eigenständig ist.


Von Eigenwillig wird heuer keine Rede mehr sein, denn seine Weine hat die restliche Welt längst auf dem Gaumen.


Die einstige Verschlossenheit der Region führte bei Herbert und Carmen Zillinger zu absoluter Offenheit. Für Biodynamik und ein Weinwissen auf Naturbasis. Die Eltern ließen sie gewähren. Und überließen ihnen auch die unterschiedlichen Lagen und Böden (kargen Kalksand und Löss). Aber das ist längst Geschichte.


Kernigkeit färbt von ihm auf seine Trauben ab und ist, neben der Arbeit im Weingarten, dem Wachstum und der Erziehung der Pflanzen, ein wichtiges Thema, um den Weinen Spannung, Fleischigkeit und Saftigkeit zu geben. Wenn Herbert Zillinger erzählt, bedauert man es, in der Schule beim Thema Biochemie nicht aufgepasst zu haben.

Vogelsang nicht nur auf dem T-Shirt!
Auch in der gleichnamigen Lage zwitschern die Vögel in aller Ruhe.

Ein spannendes neues Kapitel schreibt er mit einer Weinpremiere.
Ein Grüner Veltliner aus der Lage Hohes Eck
, noch vom Großvater. Dort war es Jahrzehnte so kalt wie der Krieg.
Der Klimawandel, keine Theorie, sondern spür- und schmeckbarer Fakt, bringt dort nun den Veltliner zur Reife. Von dort kann man sich in Zukunft auf einen weiteren Wein freuen, der zur Horizonterweiterung beiträgt.

Der behutsame, respektvolle Umgang mit der Natur und seinem Wein wird allerdings oftmals als grenzwertig empfunden. Allerdings „nur“ bei der Vergabe von Prüfnummern. Weil es noch immer keine Kategorie für zeitgemäße Weinentwicklung gibt. Die Kriterien sind verschlafen, nicht die Mach- und Entstehungsart. Vielleicht sollte Carmen Zillinger ihr gelerntes Wissen ins Sachen Sprecherziehung einmal an den Prüfern anwenden und zu einer Weiterentwicklung anregen.


Jenseits von Grenzen ist es also nicht verwunderlich das die Weine und Stilistik auf der ganzen Welt gefragt sind. Im letzten Zipfel des Weinviertels, keine Stunde von Wien, aber auch keinen Heurigen vor Ort, konnte Herbert Zillinger eine, seine neue Weinstilistik in Ruhe entwickeln. Und die findet natürlich draußen im Weingarten statt, nicht im Keller. Den mag er gar nicht herzeigen, so langweilig sei es dort. Wer in sich ruht, der lässt eben auch Weine im Keller ruhen.


Die Zeit gibt auch einen Vorgeschmack auf das kommende Jahr.
2019 kann man sich auf einen 2018er freuen, der von aromatischer Ruhe geprägt sein wird. Einen Welsch-Ried-ling. Ein Lagen-Welschriesling. Denn auch diese Rebsorte profitiert von der Klimaveränderung. Mit diesem Zeitversatz kommt Herbert Zillinger seinem Ideal noch näher und kann der Natur seinen Lauf der Zeit lassen. Zeit und Natur haben sie schließlich im Blut. Nicht nur die Weine, auch die Weinviertler.


Mehr zum Thema Boden findet sich auch im bereits erschienenen Beitrag Bodenständigkeit.


Herbert Zillinger, herzlichen Dank für die Zeit und Verkostung! Es war wieder eine Freude und ein Genuss! Einen ebenso herzlichen Dank auch an das Team von Wine & Partners!

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