Ein deutsches Volkslied, entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts, mit gerade mal zwei Zeilen macht Mut und öffnet einem die Augen, spricht aus, wie schön ein einfaches Leben sein kann. Zeilen die zur Reflektion aufrufen. Genau genommen heißt es dort: „Froh zu sein bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König.“
Was genau das Wenige ist, erlebt jeder von uns in diesem Jahr beinahe täglich. Doch der Frohsinn hat es schwer und mit der Freiheit nehmen es viele leider nicht so genau in dieser Zeit. Einige fürchten um sie, andere ignorieren sie, treten sie mit Füßen. Von Freiheitsrechten ist die Rede. Besungen wird ganz klar die Freiheit, die man sich selbst zukommen lässt.
Ein Weingut, dass nicht nur namentlich für Freyheit (altdeutsch mit Y geschrieben) steht, ist das österreichische Weingut Heinrich aus dem Burgenland am Neusiedlersee. Auch das Rezept für Freude und Sinn haben sie gefunden – mit der Biodynamie. Seit 2006/2007 arbeiten sie daran die echte Natürlichkeit von Wein ins Bewusstsein zu rücken. Und zwar nicht in der Nische, sondern basisdemokratisch, um das Grundrecht auf Qualität für alle Menschen zu stillen.

Ihre Blaufränkisch – Salzberg und Gabarinza – sind seit Jahrzenten legendär. Seitdem sind sie auf 100 ha gewachsen und auch mit den Freyheit Weinen auf dem Weg zu dem selben Status. Das ihre Weine nicht als Statussymbole gehandelt werden, sondern genossen werden sollen, und zwar von möglichst vielen Menschen, auch diese Freiheit können sie sich erlauben. Besonders gelungen ist ihnen ein zugänglicher Einstieg in die Welt der Naturweine. Die naked Serie – ein Rotwein, Weißwein und Rosé – ist viel Natur für wenig Geld und gänzlich ohne eine Ideologie erklären zu müssen.
Es könnte passender nicht sein dem Weingut Anfang September einen Besuch abzustatten, einen Monat vor dem 30-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung und europäischen Freiheit und zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl in den USA. Zusammen mit Simon Woolf, dem Autor von Amber Revolution, betrete ich die Freyheitshallen der Weinwelt. Hier wird lediglich der Most mit Füßen getreten. Und zwar mit Feingefühl, wie so vieles hier. Es ist der erste Lesetag des Jahrgangs 2020, dennoch nehmen sich Gernot und Heike viel Zeit, so wie sie auch ihren Weinen Zeit lassen …

Besinnung
Vor gut 15 Jahren standen bei Heike und Gernot Heinrich die Zeichen der Zeit in vielerlei Hinsicht auf Veränderung: „Ende der 1990-iger, Anfang der 2000er war der Winzer nur mehr Manager. Du hast den coolen Wein gemacht passend zum cool gebauten Weingut. Und das war’s. Wir waren zu der Zeit einfach frustriert von der fehlenden Wahrnehmung, keiner hat sich mehr für den Wein interessiert.“, sagt Heike rückblickend. „Mit der Biodynamie haben wir es geschafft, uns wieder zu fokussieren, zu erkennen, zu leben und zu erleben, was wirklich wichtig ist. An erster Stelle steht der Weingarten. Denn im Keller kannst du nichts mehr verbessern, was du im Weingarten versaut hast.“
Die Idee, die Herkunft im Wein herauszuarbeiten besteht schon seit 1994. Da haben sich Winzer*innen aus Gols unter dem Namen Pannobile zusammengetan und begonnen an einer unverkennbaren Weinstilistik zu arbeiten. Ihr Ziel: den autochtonen Rebsorten Aufmerksamkeit und Eigenständigkeit zu verleihen, Individualität und Einzigartigkeit durch Herkunftscharakter zu stärken. Heute arbeiten davon 8 Weingüter biodynamisch und 1 biologisch.

Wieder sein, statt Schein.
Die Hände auch in dem Boden zu graben, den Humus zu spüren und zu begreifen war dann endgültig das Zeichen zur Freyheit. Noch heute sind sie ganz euphorisch wenn sie von ihrem Kick-off, mit ihrem damals 50 ha großen Weingut, sprechen: „Des isses! Die Entscheidung zum Biodynamischen ist uns leicht gefallen, weil es sich durch das ganze Leben zieht. Kindererziehung, der Zugang zum Menschen im Allgemeinen, die Medizin – eben der ganzheitliche Ansatz.“
Gernot beschreibt die Anfänge als lebendigen Prozess: „Man muss vom Gelernten loslassen.“ Das weinbauschulisch indoktrinierte „Gehört so“, muss nicht so! „Nachdem wir im Weingarten biodynamisch gearbeitet haben“, sagt er, „wurde uns klar, dass es im Keller ebenso um Natürlichkeit geht. Wenn wir draußen alles weglassen, müssen wir den Wein insgesamt anders behandeln, also eben nicht behandeln! Erst entstehen die lebendigen Böden, dann der lebendige Wein.“ Und so erzählen die Weine von sich, von ihren Lagen, von der Kühle eines Kalksteins, der Sonne reflektiert, von der Wärme, die Glimmerschiefer in sich aufnimmt und von der Frische, die Waldränder abstrahlen. Der Ganzheitliche Ansatz ist gewachsen, das Thema Lebendigkeit setzt sich fort. „Es sind eben nicht nur die Lebewesen im Boden oder auf der Wiese, der Mensch ist ebenso Teil davon. Und daraus entsteht die Kreislaufwirtschaft“, berichtet Heike, als wir hinter das Weingut auf die Weide gehen.

Neben Bodenvielfalt spielen Biodiversität und Hofindividualität eine wichtige Rolle im Nachhaltigkeitszyklus. Um diese kümmert sich Heike liebevoll. Und auch um die Versorgung des seit Jahren eingespielten Leseteams aus Ungarn. Auch internationale Praktikanten finden regelmäßig eine Heimat. Zur Ernte 2020 ist Elias Muster im Team, Sohn von Maria und Sepp Muster. Aber auch andere Steirer fühlen sich am Weingut sehr wohl. Heike hat seit einigen Jahren eine eigene Zucht von Krainer Steinschafen in Gols. Die ersten Tiere stammten vom Weingut Winkler-Hermaden, der erste Bock vom Sattlerhof. Er trug den freiheitsverheißenden Namen Obama. In diesem Frühjahr bestand der Wurf aus 22 Lämmern, am Morgen unseres Besuchs machte Lämmchen Benita den Auftakt des Herbstwurfes. Selbst ein Pferd hat sie schon vorm Abdecker gerettet. Mit ein paar Bestelltieren und der besonderen Liebe und Zuneigung eines Mädchen aus dem Ort haben sie es so aufgepäppelt, dass es jetzt wieder auf Tourniere geht. Gänse, Enten, Katzen und ein Hund komplettieren die tierische Lebendigkeit. Und am Leithaberg gehören Bienen zu dem Naturkreislauf-Engagement bei den Heinrichs.
Wie sehr sie den biodynamischen Ansatz leben und auch den anthroposophischen Weg gehen, zeigt sich in der Familie und im sehr familiären Umfeld. Selbst der Tochter, die sich (noch) nicht für Wein interessiert, fällt während eines Spaziergangs im Frühjahrs-Lockdown auf wie unterschiedlich die Ausstrahlung der Weinberge am Neusiedlersee ist. Lebendiges Blattgrün – satt und warm – in dem einen Weingarten, übersättigtes, unnatürliches Topfpflanzen-Grün im anderen. Kahl gespritzter Boden im einen, Pflanzenbewachsener und mit Bienensummen belebter im anderen. Für Heike und Gernot gehört Achtsamhkeit ganz selbstverständlich dazu: „Mit offenen Augen auf die Natur zu achten, ist ein entscheidender Faktor. Sehen, Spüren, Lernen.“
Wer immer noch denkt, Biodynamie sei Hokuspokus kann auch auf Zahlen schauen, oder eben seinen Sinnen vertrauen. Biodynamie zeigt im Kontext des Klimawandels messbare Vorteile. Neben harmonischeren, balancierteren Weinen mit niedrigerem Alkoholgehalt ist es die Vitalität im Boden, die den Unterschied macht. Dieser kann durch den höheren Humusanteil mehr CO2 speichern. Außerdem wirkt man ohne Mineralöldüngung und mit guter Begrünung stickstoffbasierten Emissionen in Boden und Wasser entgegen. Außerdem können Bio-Pflanzenmittel mit deutlich weniger Energie hergestellt werden als synthetische Produkte. Und: biodiverse Böden benötigen generell weniger Wasser bzw. besitzen eine bessere Aufnahme.
Vieles von dem ganzheitlichen Weingut- und Hofleben, das heute wieder selbstverständlich ist hat Gernot noch in seiner Kindheit erlebt. Er gehört zu der Generation, die viel Zeit mit den Großeltern verbracht hat, weil die Eltern voll im Berufsleben standen. Und so trägt Gernot ein Urwissen in sich, dass früher ganz natürlich und selbstverständlich weitergegeben wurde. Es war ein Leben im Mehrgenerationenhaus, die Großeltern hatten gemischte Landwirtschaft. „Tagsüber beim Opa, kann man ihn sich fast wie den Michel aus Lönneberga vorstellen. In der Scheune hat er Handwerk erlernt, vom Hufeisen beschlagen bis zum Anhänger reparieren. Von der Oma hat er den Gemüseanbau und den Umgang mit Pflanzen und Tieren gelernt.“, erzählt Heike.
Dabei ist er alles andere als ein Traditionalist. Er denkt modern und visionär. Aber er nutzt das traditionelle Wissen, um es mit dem heutigen zusammenzubringen und die guten Seiten zu vereinen. Dazu zählen auch Brennesseljauche und Kuhdung, was in den Hörsälen der Weinbauschulen noch immer verpönt ist. Dabei ist es der Kreislauf des Lebens: Bakterien, Zersetzung, Verarbeitung – eine Fortsetzung von Fermentation. Aber eben nicht im Wein, sondern im Boden.

Mit der Natur zu arbeiten bedeutet einen höheren Begleitaufwand im Weinberg und ein höheres Risiko. Der Klimawandel zeigt sich durch unberechenbare Schwankungen des Wetters. Seit 2008 tritt in der Region immer wieder starker Hagel auf und unberechenbarer Regen. Stärkere Winde wiederum regulieren die Nässe. Das gelernte Vertrauen an die Natur hilft ihnen gelassen zu bleiben. Und auch die Verteilung der Weingärten rund um den Neusiedler See minimieren Totalausfälle. Gernot und Heike haben im Westen des Sees neues Terroir gefunden, das mehr als ein Himmelsrichtungsgeschenk ist. Die Weingärten am Leithaberg haben eine gänzlich andere Bodenzusammensetzung und bringen damit neuen Geschmack. Zusätzlich zu ihrer legendären Rotweinlage Salzberg, die direkt hinter dem Weingut ihren Platz hat, wachsen ihre Reben am Leithaberg auf dem Kalk und Schiefer.
Auch die heißeren Sommer in Gols lassen sich genießen, denn 50% ihrer Weine entstehen aus ihrer Liebe zum Blaufränkisch. „Der Blaufränkisch kann damit gut umgehen. Die Rebsorte hat eine ausgeprägte Säurestruktur, die von mehr Wärme profitieren kann und eine noch schönere Balance bekommt. Im Weingarten sind die Trauben auch dieses Jahr sehr intensiv, wir haben kleine, lockere Beeren und eine packende Säure.“, schließt Heike die Klima-Zukunftsfrage ab. Beim internationalen Merlot reagiert man auf die regionalen Gegebenheiten mit einer frühen Lese, um nicht zu viel Süße zu bekommen und gibt ihn zum gärenden Blaufränkisch, um den Alkohol gering zu halten. Denn leichte, aromatische Weine sind die Zukunft und finden immer mehr Gehör.
Open minded – open House
Dieser Stimme gehen wir nach, zunächst tief unten im Keller. Dort liegen und stehen Fässer, Tonamphoren und Betoneier, gefüllt mit Lagenweinen, in leuchtenden Farben strahlt einen die Lebendigkeit und Vielfalt förmlich an. Was aus den Jahrgängen 2018 und 2019 noch auf der Vollhefe, wohlgemerkt ungeschwefelt, in den Fässern liegt ist ein Genuss. Jedes Fass eigenständig. Individualität bis in die kleinste natürliche Hefekultur. Es ist eine Stimmung, die andächtig macht, nahe der Gänsehaut. Die Entwicklung und Qualität der letzten 2–3 Jahrgänge ist auf einem beeindruckenden Niveau. Jeder Probeschluck präzise und klar. Aus Einzelchargen wie dem Weißburgunder Alter Berg und einem Muskat-Ottonel vom Goldberg macht Gernot seinen derzeitigen Lieblingswein – die Weisze Freyheit.
Das Vertrauen in die Eigenentwicklung der Weine ist gewachsen und wird mit Stabilität und Harmonie belohnt. Denn die Weine bekommen die Ruhe und Zeit, alle Prozesse zu durchleben, von der Gärung über den Säureabbau bis hin zur natürlichen Klärung.
Gernot beschreibt es sehr poetisch: „Alles ist ständig in Veränderung. Die Weine sind Ausdruck von Seele und Geist. Wir lassen mehr zu, haben gelernt, dass es Prozesse gibt, die ein Wein durchmachen soll und muss. Und auch wenn es grad komisch ausschaut, wirkt oder schmeckt, das wird wieder! Man lernt mit jeder Naturperiode und lernt Veränderung zuzulassen. Du denkst das ist so, dann kommt das nächste Jahr und du kommst drauf das war so … aber nur weil das Jahr so war. Die Natur belehrt einen eines Besseren. Mit jedem Jahrgang gewinnt man an Erfahrungswerten – Chardonnay beispielsweise bekommt maischevergoren immer ein herbes, trockenes Tannin und wird weniger elegant. Deshalb haben wir das mit dem Jahrgang 2017 bei der Grauen Freyheit reduziert und legen den Schwerpunkt auf Weiß- und Grauburgunder.“
Neben seinem sensiblen Bauchgefühl ist Gernot Heinrich stets auch mit hochanalytischer Beobachtung dabei. Das beginnt schon beim ersten abgepressten Saft des Pinot Noirs, den er bei unserer Verkostung scheinbar beiläufig probiert. Und doch wird hier der Weinjahrgang 2020 bewusst auf den Weg gebracht.

Im gesamten Team ist es ein Miteinander auf Augenhöhe. Es geht um Austausch, Transfer und Vermitteln. Sinneseindrücke und Wahrnehmung auf der einen Seite, Fachwissen und Analyse auf der anderen. Man spürt bei allen am Weingut, dass sie lieben was sie tun, spürt das Glück über das was sie tun, es ist eine ansteckende und absolut erfüllende Atmosphäre. Man lässt alle an Allem teilhaben, man tauscht sich aus – so entsteht Individualität.
Unsere Fassproben werden von Annamaria begleitet, sie ist die „Katze“ im Keller, die die „Mäuse“ vertreibt (so nennt man anfängliche Misstöne im Wein). Und obwohl sie erst seit Januar am Weingut ist kennt sie jedes Fass und jedes „BRETT“ (wieder so ein Fachbegriff, der für die wilde Hefe Saccharomycetes steht, auch Brettanomyces bruxellensis genannt). Ihre Sensorik ist beachtlich, ebenso wie ihre Träume – Leidenschaft für die Arbeit zeigt sich, wenn einen ein Albtraum ereilt wie man die Verjus-Ernte verpasst … Die wilden ungewollten Hefen, sagt sie, treibt sie mit Meditation aus. Man möchte es ihr sofort glauben. Sie genießt die Freiheiten und das Vertrauen, das sie hier geschenkt bekommt, vielleicht weil sie auch ein Kind der Freiheit ist. Geboren in Ungarn, hat sie unter anderem bei Horst Hummel gearbeitet, dann in Australien, Neuseeland und ist schließlich am Neusiedlersee gelandet, zuerst am Gut Oggau, nun ist sie ein wertvoller und wertgeschätzter Teil der Weinfamilie Heinrich.

Während unserer Verkostung findet ein Wein ins Glas, der, sollte er aus dem Keller in den Handel gelangen, sicherlich so etwas wie die Freyheit 2.0 einläuten würde, der wieder Grenzen im Kopf sprengen würde – man darf gespannt sein. Aber auch die zahlreichen Einzellagenfässer machen sehr neugierig auf die Zukunft. Die Aussichten schmecken hervorragend: Weißburgunder vom besagten Leithaberg aus der Lage Alter Berg (Kalkboden) mit 17 Tage Maischestandzeit und 30% ganzen Trauben, ein Fass Chardonnay vom Edelgraben (Schiefer). Außerdem der kommende Muskat Freyheit 2019 sowie ein Fass mit maischevergorenem Pinot Gris und 30% Weißburgunderanteil als Ganztrauben. So klar und rein, schwere- und schwefellos.
Dieser kleine Einblick zeigt die Freude an den Rebsorten, ihrem Terroir und der Lust die daraus entstehenden einzigartigen Aromen ans Tageslicht zu bringen. Wobei sie auch schon im Kunstlicht des Kellers ihre Kraft nicht verfehlen.
Mit ihrem persönlichen Geschmack hat sich glücklicherweise auch der ihrer Fangemeinde weiterentwickelt. Heike leistet bei Weinpräsentationen mit Herzblut ganze Arbeit: „Man muss offen sein für diese dritte Dimension von Wein. Keine Schubladen, nicht rot, nicht weiß. Es ist ein neuer Geschmack, den man mag oder nicht. Es ist eben Naturwein, da sind wir stolz drauf! Ausnahmslos alle unsere Weine sind Naturweine, der Unterschied ist lediglich, dass die Lagenweine schonend geklärt werden. Vom Weinberg bis in den Keller – alle unsere Weine haben die gleichen Eltern.“
Das heutige Privileg, machen zu können, was man selbst mag, woran man glaubt und nicht bloß einen Markt zu bedienen, sondern den Markt zu gestalten, ist das eine, die Umstellung eines sehr erfolgreichen Weinguts das andere. Es braucht Mut und Ausdauer. Und Weintrinker, die offen für Veränderung sind und den wohltuenden Verzicht verstehen und schätzen. Immerhin, im kommenden Jahr kann 10-jähriges Freyheits-Jubiläum gefeiert werden.
Bestätigung für seinen Weg, seine Arbeit und seinen Geschmack bekam Gernot jüngst: Der Gault&Millau zeichnete die Weisze Freyheit zum Alternativen Wein des Jahres 2021 aus. Alternative ist in der Musik eine Stilrichtung, die in keine Schubladen past. Neue Klänge, neue Arrangements kreiert, da fühlt sich Freiheit wohl!
Im Blaufränkisch-Jahrgangsvergleich zeigt sich, neben den unterschiedlichen Widrigkeiten der Natur, auch sehr deutlich der Faktor Zeit, der Gerbstoffe und Säure, also Frische, im Wein harmonisch einbindet. Ein Lagenvergleich offenbart die Theorie der unterschiedlichen Böden praxisnah am Gaumen. Hier bekommt auch die zwischenmenschliche Harmonie einen Spannungsbogen, denn auch die Eltern der Weine haben hier unterschiedliche Lieblinge. Heike ist generell eher der Stimmungsweintyp und bevorzugt die Graue Freyheit. Beim Rotwein ist sie der Edelgraben. Gernot hingegen sei der Alte(r) Berg, sagt sie mit einem herausfordernden Lächeln in Richtung Weinvater.
Die Weinlese ist immer das Highlight im Jahr. Von wegen die Früchte für seine Arbeit einholen und so … Bei den Heinrichs wird dies nach getaner Arbeit richtig zelebriert. Der erste Erntetag neigt sich dem Ende, das Team findet sich zum Essen ein. Natürlich wird mit Bio-Lebensmitteln aus der Region gekocht. Was noch auf den Tisch kommt? Die Arbeit von Kollegen. Am Abend wird der Blick über den Gläserrand gelebt. „Wir haben in der Erntezeit zusammen so viele Weine von anderen Winzer*innen aufgemacht und mit unserem Team getrunken.“, erzählt Heike ein paar Wochen später.
Man probiert was in der Weinwelt noch so alles entsteht. Sensorische Schulung nach „Feierabend“. An dem beachtlichen Weinkeller führt kein Blick vorbei, sofern man schwindelfrei ist – ein Glasboden führt beim Betreten und Verlassen des Weinguts darüber.

Sie haben schon viel verändert und erreicht und so wie sie der Natur zuhören, möchten sie auch weiterhin Gehör finden: „Was wir erreichen möchten?“ Heike und Gernot sind auch in Hinblick auf die Zukunft ein Herz und eine Seele: „Noch mehr Menschen für den alternativen Weinstil begeistern, ein Bewusstsein schaffen, auch für eine bewusstere Lebensweise. Jeder will wissen was auf dem Teller ist, woher es kommt, aber nicht was im Glas ist, weil man eh denkt, Wein ist ein Naturprodukt. Das ins Bewusstsein zu rufen und weiter eine Offenheit zu schaffen, auf diesem Feld möchten wir weiterhin überzeugen.“ Aber nicht nur an der Einstellung, auch an beeindruckenden Weinen arbeiten Sie, wie der Besuch im Burgenland gezeigt hat.

Die Sonne geht unter am Neusiedlersee. Und auch wenn die Welt hinter Gols enden würde, hier fehlt nichts. Es ist nicht der Verzicht, es ist der Fokus. Auf Lebensqualität.
Denn was braucht es um froh zu sein? Ein Glas Freyheit gehört auf jeden Fall dazu. Dann ist man ein König, eine Königin im Abendrot. Stimmen wir ein und stoßen wir an: auf die Freiheit. Mit und ohne Y.
Diesen Bericht durfte ich für das englischsprachige TRINK Magazin verfassen. Valerie Kathawala hat ihn mit ihrer Liebe zum Wein und zur Sprache übersetzt. Dies ist der GastHHaus Directors Cut.