Selten war ein Urlaub so mit Essen verbunden wie dieser. Kein Wunder, wenn man auf Schritt und Tritt begleitet wird von Trauben, Oliven, Jägern und verführersichen Lebensmitteln in großen wie kleinen Geschäften. Hier unser Toskana-Kochbuch mit dem Titel „Links abbiegen“.
Vom Flughafen in Pisa ging es mit einem guten Freund, nennen wir ihn „Hans“, und Marie, unserer Navigationsassistentin „Erstmal zu Penny“ … Denn nachdem in der Mietwagenhalle Stromausfall herrschte und die Autoanmietprozedur deutlich länger dauerte als gedacht dämmerte es bereits bevor wir Certaldo erreichten. So stoppten wir bei dem uns bekannten Discounter mit dem Vorsatz wenigstens Pasta, Milch und Butter zu kaufen. Doch was für ein Eldorado überraschte uns. Ein italienisches Sortiment, dass unsere Herzen höher schlagen ließ und den Reisestress vergessen machte. Zucchiniblüten, Salsiccia vom Wildschwein, Käsevielfalt. Und so viel mehr …
Nach der Ankunft im Niemandsland – es war nun stockdunkel und wir fuhren eine Straße ins Nichts hinauf – gab es einen schnellen Primo Piatto. Passata di Pomodori, besagte Salsicce, Rosmarin, dreierlei Zwiebeln und Knoblauch.

Sabato – Markttag. Also hinab in die Città. Ganz offiziell mit Parkticket parken wir auf einem frei werdenden „Parkplatz“ und schlendern über den recht übersichtlichen Wochenendmarkt. Anschließend ein Besuch in der örtlichen Pasticceria. Dreierlei Cantuccini (klassisch mit Mandeln, mit Haselnüssen und mit Rohschokolade), dazu ein Paar Bomboloni, eine Pizzette und ein Pane. Zurück zum Wagen, vorbei an zwei Dorfsheriffs mit lässiger Ray-Ban-Pilotenbrille. Sie stehen dort, weil sie uns gerade ein Ticket unter den Scheibenwischer geklemmt haben. Ich versuche direkt Einspruch zu erheben, zeige das reguläre noch gültige Parkticket. Doch es nützt nichts, im Gesicht des Dreitagebarts zeigt sich ein freundliches Grinsen und mir wird erklärt, dass um unseren Wagen herum keine Linie, die zum Parken berechtigt, eingezeichnet ist … Macht 28,70 €. Zu zahlen innerhalb 5 Tagen bei der Poste Italiane. Jetzt sind wir offiziell in Italien angekommen. Da hilft nur gutes Essen und Vin Santo zu den gerade gekauften Catuccini. Also auf in den Supermercato.



Zum Abend hin dann Entschleunigung. Das gut 1.000 Jahre alte Anwesen ermöglicht ein tolles Experiment: Kochen auf offenem Feuer.








So klingt unser erster Tag, der Umgebung angemessen, mittelalterlich aus. Mittelpunkt Küche, Mittelpunkt Feuer. Wärmend. Gemütlich. Buona notte.
Mittelalterlich geht es auch am nächsten Tag weiter. Besuch in San Gimignano. Gefolgt von Certaldo Alto. Der eine Ort mit deutlich mehr Menschen als Wildscheinen. Der andere fast menschenleer.








Der Abend steht im Zeichen des Erdapfels. Gnocchi und ein Tomatensugo. Dazu eine herkömmlich gebratene Dorade. Einfach gut.


Und zum Dessert: Ein Souvenir aus San Gimignano.

Unser gutes Kochen scheint sich mittlerweile herumgesprochen zu haben. Neben 3 Katzen bekommen wir auch „göttlichen“ Besuch.

Heute setzen wir eine Brodo di Pollo an. Damit bereiten wir eine Kürbissuppe (mit Apfel und Sellerie) und ein Steinpilzrisotto. Alles Errungenschaften aus einem italienischen Discouter Namens Eurospin. Außerdem gelangte eine fast sülzige Soppressata in den Einkaufswagen. Die Kutteln haben wir mit Hochachtung zur Kenntnis genommen.





Heute geht es auf der SI-PI-LI nach Siena. Eine reichhaltige, sehenswerte Stadt. Mit einem wohltuenden Parkhaus!










Zum Abendessen rollen wir wieder zurück nach Santa Maria a Sciano. Und anschließend Crespelle.




Der nächste Morgen steht im Zeichen von Vergangenheitsbewältigung. Der Gang zum Flaschencontainer und nach Canossa …


Erleichtert nehmen wir die Route Richtung Supermarkt, denn der Kühlschrank ist schon wieder leer …
Hier beginnt das nächste Abenteuer. Marie wird von dem neuen irrgartenartigen Straßenleitsystem stadtauswärts überrascht. Sie möchte „bitte links abbiegen“. Doch die Stadtväter haben sich einen Schild-Bürgerstreich erlaubt und viele kreative Straßenschilder installiert. Abbiegen nur rechts, Senzo unico, Nerven behalten. Die Hauptstraße naht. Doch: Mittwochs ist auch Markt in Certaldo. Auf der gesamten Hauptstraße. Und so machen wir eine unfreiwillige Stadtrundfahrt, die damit endet, dass wir Marie mundtot machen und selbst mit wässrigem Mund völlig ausgehungert durch den Supermarkt gieren.
Die notgedrungene Entschleunigung ob der huckeligen Hügelpiste hinauf zu unserer Casa hilft alle Aufregung hinter uns zu lassen. Und als die sonnengelben Spaghetti im Sonnenschein serviert werden geht’s und allen wieder benissimo.



Am Abend dann der kulinarische Höhepunkt. Zubereitet auf gefühlten 1.000 °C.





Das wunderbare Wetter animiert auch heute zu sommerlich sonnigem Genuss im Freien.





Das letzte Mitbringsel aus dem Supermarkt, eine Salsicciafüllung, wird gebührend eingekocht und zu einem herrlichen Ragu rustico.


Dann heißt es auch schon wieder Koffer packen. Wir bedanken uns bei unserer Spülmaschine für treue Dienste. Bei unserer großen und kleinen Napoletana für guten Kaffee und bei unseren Gastgebern für ein wunderbares, stilvolles Domizil. Dann rollen wir „unseren“ toskanischen Hügel hinab – auch diesmal ohne Achsbruch – und folgen Maries erbarmungslosem Rat und biegen ein letztes mal links ab …




