Leithaberg – ein „Weinberg“ mit vielen Gipfeln

59 Weingüter haben sich der Regionstypik verschrieben. 15 präsentierten ihre Bodenschätze in Hamburg bei einem entspannten, stilvollen Walk-Around-Tasting.

Das DAC Gebiet Leithaberg liegt im österreichischen Burgenland, zwischen dem gleichnamigen Leithagebirge und dem Neusiedlersee. DAC ist nicht etwa das Pendant zum DAX, es ist viel wertvoller. Districtus Austiae Controllatus ist die geschützte Ursprungsbezeichnung für regionaltypische Qualitätsweine. Damit erhält jede Region mindestens einen typischen Herkunftswein. Darüber hinaus haben die Winzer jegliche Freiheit. Oder Freyheit.


Die nordöstlichste Gemeinde der Region Leithaberg ist Jois, die südlichste Zagersdorf. In diesem Gebiet machen nicht nur Geologen vor Freude eine Flasche auf. Auch die Winzer. Aber zunächst einmal füllen Sie sie ab. Mit Weinen, die durch spannende, vielseitige und –vielschichtige Bodenverhältnisse einen Rausch an terroirgeprägten und herkunftsbetonten Weinen entstehen lassen. Hier findet man Glimmerschiefer, aber auch Kalk, denn auch hier gab es vor Urzeiten ein Meer. Die Wälder des Gebirges und der Neusiedlersee komplettieren das einzigartige Klima.


Purismus im Keller und naturfokussierter Weinbau prägen den Charakter der Leithaberg-Weine. Und man ist sich dem Faktor Zeit bewusst. So wird mit dem Verkauf der Weine möglichst lange gewartet, damit diese möglichst viel Ruhe bekommen. Um sich zu finden, sich zu entwickeln, zur Balance zu finden.
Als Weißweine werden die Burgundersorten Pinot Blanc und Chardonnay ausgebaut. Und ein ganz besonderer Schatz: der Neuburger. Regionstypischer Rotwein ist der Blaufränkisch.


Das Leithaberg ABC beginnt mit dem Weingut Altenburger.
Hier wird biologisch gearbeitet. Und aufgeschlossen. Im Keller finden sich als luftdurchlässige Alternative zum Holzfass auch Betoneier und eine Amphore. Eine Philosophie, die sich glücklicherweise durchsetzte wird auch hier gelebt. Wein entsteht im Weingarten, nicht im Keller. Die Weine danken mit Komplexität und Vielschichtigkeit, die sich aus den Böden in ihnen widerspiegelt. Zu verkosten gab es den Grünen Veltliner Ladisberg und den Chardonnay Jungenberg 2017. Außerdem den Einstiegs-Blaufränkisch sowie den vom Jungenberg und den Gritschenberg, Jahrgang 2016. Der Veltliner wächst auf Kalk, der Chardonnay auf Schiefer. Beide haben eine Maischestandzeit von 24 Stunden, was ihnen Präsenz und Länge gibt. Selbst der Veltliner bekommt eine burgundische Coolness. Beim Einstiegs-Blaufränkisch mit Namen Markus Altenburger ist auch der angedeutete Fingerabdruck des Winzers Programm auf den Etikett. Die Lage Jungenberg wächst auf Schiefer, was ihm eine mineralische Würze gibt, der Gritschenberg auf Kalk. Die Reben wurden vor gut 45 Jahren von der Familie gepflanzt, die sich wenig um die allgemeine Meinung – Kalk und Blaufränkisch vertrage sich nicht –kümmerte. Wenig ist zwar der Ertrag, großartig dafür der Wein.

Ein großer Name, der auch zu großartigen Weinen verpflichtet: Esterházy. Der weiße Leithaberg DAC ist ein Chardonnay. Der zweite Weißwein ein Weißburgunder. Der Rieden Chardonnay 2017 war leider schon ausgetrunken, 500 Flaschen behält das Weingut künftig von jedem Wein zurück. Man gönnt sich Zeit. Erst nächstes Jahr heißt es dann für den 2018er Jahrgang wieder „ein Königreich für ein Lama“, so der Name der Riede. Neben dem roten Leithaberg DAC wurden die Feinheiten des Hauses ausgeschenkt Rieg Schildten 2015 und Ried Föllig 2016. Historische Persönlichkeiten aus der Geschichte des Hauses und der des über 250-jährigen Weinguts zieren die Flaschen der prächtigen Blaufränker.

Weingut Hartl sagt zum zweiten mal in zwei Wochen Moin Moin. Sie waren bereits in Hamburg zu Gast als Das Weinkonzept zur Verkostung lud. Und auch diesmal durfte man sich wieder über den Blaufränkisch Eisner aus dem Jahrgang 2013 freuen!

Einen Wein von Nittnaus dürften viele schon einmal im Glas gehabt haben, vermutlich einen Comondor. Sie gehören nicht nur zur Gruppe der Leithaberg Winzer, sondern auch zu den Gründungsmitgliedern der Pannobile Winzer-Gemeinschaft, die sich unter pannonischem Klima einer neuen Noblesse verschrieben hat und heuer ihr 25-jähriges Jubiläum unter dem Motto „Liberté. Égalite. Pannobilé.“ beging. Für das Weingut Hans und Anita Nittnaus gehört biologische Weinbergarbeit und das Verlesen der Trauben von Hand natürlich zum guten Ton.. Der Blaufränkisch Leithaberg DAC (Jahrgang 2014) sowie die beiden Lagenweine Ried Neusiedler Lange Ohn (Jahrgang 2015) und Joiser Jungenberg (Jahrgang 2017) sind lebhaft und haben eine elegante Präsenz und einen langen Nachhall. Bei den beiden Chardonnays, dem Ried Joiser Freudshofer und dem Bergschmallister riecht und schmeckt man den Einfluss von Martin Nittnaus. Es liegt eben in der Familie sich weiterzuentwickeln, auszuprobieren. Nicht nur im Weingarten Manila. So kommt ein spannender Wein ins Glas, der alles andere als ein Allerwelts-Chardonnay ist. In ihm vereinen sich Kalk- und Schieferboden. Mineralisch, saftig, cremig – aber auch frisch. Damit kann man sich vergnügen und auf aromatische Entdeckungsreise gehen.

Persönlich eine freudige Überraschung: das Weingut Prieler.
Nicht nur die Weine sind eine freundliche Erscheinung, auch Georg Prieler präsentiert seine Weine mit Leidenschaft, Wertschätzung und viel Esprit, der auch in den Weinen steckt. Im Kühler stehen zwei Weißburgunder, der Pinot blanc Leithaberg DAC ist cremig-würzig, der Ried Haidsatz im Vergleich einen Hauch frischer, leichter und feingliedriger. Finesse zieht sich wie ein Faden auch durch die Rotweine. Aus dem Jahrgang 2016 steht der Blaufränkisch Leithaberg DAC auf dem schwarzen, gemaserten Holztisch des Tortue Hotels. Passender hätte man die Präsentationsräume nicht wählen können – ein Kompliment an Wine+Partners. Eleganz verbindet. Der Blaufränkisch Ried Goldberg wurde offen vergoren, zeigt Schieferwürze und packendes Tannin, das von beeindruckender Feinheit fortgetragen wird. Daneben eine Legende. Die Ried Marienthal groß gemacht durch Engelbert Prieler und Ernst Triebaumer. Aber auch in der Familie Prieler setzte die neue Generation Akzente, die munden.

Das ABC endet mit dem Weingut Zehetbauer,
doch davor kommt das T, wie Tinhof. Erwin Tinhof ist Pionier einer fast vergessenen Sorte, die er mit seiner Arbeit zurück auf die Weinkarten gebracht hat. Neuburger heißt seine Leidenschaft. Eine autochtone, also österreich-eigene Rebsorte, die als natürliche Kreuzung aus Roter Veltliner und Silvaner entstanden ist. Keine Duftrebsorte, sondern eine, die den Boden (bei Tinhofs Weinen Kalk) in sich aufnimmt und so Herkunft schmeckbar macht. Hitze und Trockenheit machen ihr nichts aus. Und so sieht Erwin Tinhof gelassen in die Zukunft. Nicht weil er sich auf der bisher geleisteten Arbeit ausruht, sondern weil er seine Rebsorte und sein Terroir (Kalkboden) kennt. Und so in sich ruhend schmecken auch seine Weine. Aber auch sein Weißburgunder und Blaufränkisch können sich schmecken lassen. Beide Weine aus dem Jahrgang 2017 sind harmonisch und elegant. 2 charakterstarke Weine sind der Neuburger und Weißburgunder aus der besten Lage – Ried Golden Erd. Von beiden wird pro Jahrgang nur ein 500 L Fass gemacht. Beides Weine, die auch die Herbst- und Winterküche bereichern und zeigen: es muss längst nicht immer Rot sein. Von der Langlebigkeit und Entwicklung seines Neuburgers konnte ich mich bereits an anderer Stelle mit einem 2008er überzeugen.


Die Verkostung der Leithaberg DAC und auch der Eisenberg DAC hat gezeigt, dass sich Gleichheit und Individualität nicht ausschließen. Und das aus Österreich charaktervolle Weine und Menschen kommen.

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