In wunderbarem, privatem Rahmen ging die Weinreise in die Steiermark zum Weingut Winkler-Hermaden und an den Neusiedlersee zum Weingut Kloster am Spitz von Thomas Schwarz. Der Fokus der steirischen Weine lag frühlingsgemäß auf Weiß, bei den Weinen von Thomas Schwarz ruderten wir dann zu Rot.
Nase und Augen auf, es gibt wieder interessante Entdeckungen im Glas. Ein Reise, die alle Sinne und die Geduld fordert. Was aber bei einem anregenden Abend keine Probe darstellt. Erste Erkenntnis: Frisch abgefüllte und Bio-Weine brauchen Freiheit und Luft zum Atmen, um sich voll entfalten zu können.
Was könnte dieser Tage schöner sein, als einen Aperitif auf der Terrasse in der Abendsonne zu genießen. In der Nase milde, blütenerfüllte Frühlingsluft, zu der sich ein fruchtiger Duft aus dem Sektglas gesellt. Darin ein Birnenfrizzante! Ein erfrischend fröhlicher Auftakt mit nur 5 Vol.-% Alkohol. Großes Vergnügen. Auch durch den Preis von ca. 8 Euro mehr als eine Alternative zum Winzersekt. Um diesen außergewöhnlichen Frizzante einzuschenken braucht man keinen Mumm.
Im Glas haben die 2016er Weine nun Saison.
Einen krönenden Saisonabschluss erfährt dazu ein Muskatkürbis, der nach einem Schuhbeck-Rezept aus den 1990ern zubereitet wurde, der zu der Zeit (lange vor Ingwer und Gewürzen) die Regionalität feierte und mit Produkten arbeitete, die absolut dem aktuellen Zeitgeist entsprechen. Am Herd ist es scheinbar wie in der Mode: Alle 20 Jahre wiederholt sich ein Thema? Die Kürbissuppe ist fein und leicht, keine Spur von Herbst. Absolut frisch und fruchtig. Das Geheimnis: Rotweinessig. Ein Kompliment an den Koch! Dazu ein Blanc de Noir Caphenstein vom Zweigelt (Winkler-Hermaden) und ein Rosé (Kloster am Spitz). Der weiße Rote aus der Steiermark kommt leicht tänzelnd daher, der Rosé mit Kraft. Da freut man sich schon auf den Sommer und die verschiedenen Grillbegleitmöglichkeiten.
Anschließend im Anflug: Weißburgunder Steirische Klassik und eine Blend aus Weiß- und Grauburgunder (beide Winkler-Hermaden). Der Weißburgunder zeigt sich vom Öffnen an von seiner besten Seite. So wie auch der deftige Strudel à la Quiche Lorraine, allerdings zusätzlich mit Erdäpfeln, den wir dazu kredenzt bekommen. Die Cuvée braucht etwas Zeit zum Durchschnaufen, zieht dann aber nach.
Der nächste Flight: ein Grüner Veltliner (Kloster am Spitz) und ein Sauvignon Blanc (Winkler-Hermaden). Der Veltliner anfänglich mit rauchiger Würze, entwickelt sich im Laufe des Abends zu einem Pfefferl-Klassiker. Der Sauvignon begeistert Nase und Gaumen mit angenehmer Cassisnote.
Von Weiß fliegen wir nun zu Rot. Eine Rebsorte, ein Weingut, zwei Jahrgänge. Pinot Noir vom Kloster am Spitz. 2014 und 2015. Hier zeigt sich im direkten Vergleich was Natur auszeichnet. Variation und Vielfalt. Keine Uniformität. Ein Jahr ist eben kein geheimes Limorezept das man beliebig reproduzieren kann. Man sieht, riecht und schmeckt die „Launen der Natur“, was sicherlich nicht jedem schmeckt. Der 2014er fällt heller, transparenter aus als der jüngere Bruder. Er besitzt eine weichere geschmeidigere Tanninstruktur, was nicht nur an dem einen Jahr „Wachstums“-Vorsprung liegt. Bei einer Blindverkostung würde man durch seine vollmundige, Pinot-typische Aromatik jedoch nichts vermissen. Manche würden von zwei ungleichen Brüdern sprechen. Viel wichtiger aber, es sind eigenständig Persönlichkeiten, die beide liebens- und genusswert sind. Jeder hat einen individuellen Charakter, dabei besitzen sie unverkennbar dieselben Wurzeln. Ein schönes Beispiel wie faszinierend Wein sein kann. Selbst wenn man seine Lieblingssorte hat, kann man mit ein wenig Offenheit immer wieder Neues und Überraschungen erleben.
Darauf einen weiteren Roten aus dem „hellen Jahrgang“ 2014. Der Nepomuk. Kraftvolle Rotweinnase, mundfüllend, mit frischem, schlanken Abgang. Wer nichts erwartet und einfach genießt freut sich über die ungewohnte Dramatik im Verlaufsfluss. Man muss eben nicht immer alles in die Länge und Breite ziehen.
Zum Reise-Achterl wurde am späten Abend ein Roter Muskateller (Kloster am Spitz, Jahrgang 2016). Ein geschmackvolles Beispiel von europäischer Völkerverständigung. Ein Südtiroler, der in Österreich neue Wurzeln gefasst hat. Ein Süßwein mit Frische. Weniger Extrakt, dafür ein breiteres Aromenspektrum. Alle Achtung!
Den einen oder anderen Wein wird man sicherlich demnächst bei Grüner Veltliner Hamburg bekommen.