Rauskommen, runterkommen und der Natur ihren Lauf lassen.
Brünn, Prag, Budapest erscheinen als Reiseziele auf den Autobahnschildern. 30 Autominuten vor Wien erreichen wir plattes Agrarland. Kleine Dörfer, die fast wie ausgestorben wirken. Mal ein Nahkauf, fern von Wien. Martinsdorf lautet unser Ziel. Der Brünnerstraßler ist hier Programm. Denn hier liegt das Weingut Zuschmann-Schöfmann, die dort eine Wein-Lodge zum Wohlfühlen eingerichtet haben. Diese Unterkunft bietet ebenso Freiraum wie die gesamte Region. Und strahlt eine moderne Natürlichkeit aus, die sich auch in den Weinen und Lebensmitteln widerspiegelt.

Als Abschluss unserer Österreichtour also ein Ruhepol. Unaufgeregt, unaufdringlich, entspannt und entschleunigt. Geerdet und natürlich. Die Menschen, wie die Region. In Niedersulz lässt sich ein Museumsdorf besuchen und in Mistelbach ein Bauernmarkt.
Das es sich bei diesem abgelegenen Teil Österreichs um das Weinviertel handelt sieht man nicht auf den ersten Blick, die „Weinberge“ verlieren sich hier teilweise. Sogar Erdöl und -gas wird hier gefördert. Texasfeeling an der Slovakischen Grenze. Terroir als Bodenschatz. Doch es gibt auch Weinromantik: verwaiste Kellergassen. Und Weinfortschritt mit Rückbesinnung zur Natur. Ist es also Zufall, dass die Nachnamen der besten Winzer dieser Gegend mit dem letzten Buchstaben des Alphabets beginnen?
Da trifft es sich gut, direkt bei Zuschmann-Schöfmanns zu wohnen, wo auch deren Weine zum Verweilen und Verkosten einladen. Aber nicht nur die, auch hervorragende Marmeladen, ein köstlicher Weinberghonig und andere feine Kleinigkeiten bietet die hauseigene Greißlerei und das morgendliche Frühstück. Dort kommt auch ein fantastisches Brot aufs Buffet. Öfferl, eine regionale Dampfbäckerei, hat eine Brotfamilie im Sortiment, die ihresgleichen sucht. Und Familie Zuschmann-Schöfmann stellt am Abend, ebenfalls mit selbigem Brot eine Laibspeisen-Jause zusammen. Köstlich!
So vergehen zwei erholsame, familiäre und familienfreundliche Tage.
Eine noch ruhigere Ortschaft weiter, in Ebenthal, lässt Herbert Zillinger Weine mit Seele entstehen. Naturweine im Sinne von: der Natur sich selbst überlassen, nicht aber ohne Qualitätsverlässlichkeit zu bieten. Wir haben Glück, der Winzer nimmt gerade die Post entgegen und uns für eine Verkostung. Die Lagenweine kommen in ein beeindruckendes Burgunderglas. Schnell ist klar warum. Luftholen, tief durchatmen, wirken lassen. Dies gilt für uns, wie für die Weine. Da kommt man ins Philosophieren – über Wein, Wertigkeit, Machbarkeit, Lassbarkeit. Alles fließt, auch die Zeit. Der Vormittag ist flux um, als wir schlussendlich noch in den Genuss der radikal, elementar-profunden Edition Z kommen. Wirklich beeindruckend: Weine und Winzer. Es hat große Freude gemacht. Einen herzlichen Dank dafür auch an dieser Stelle noch einmal.
Der letzte Tag bringt uns zurück nach Wien, denn die Reise soll mit dem Nachtzug ihr Ende finden. Soll.

Es kommt anders, stürmischer. Bis zum Abend zeigt sich wenigstens Wien wieder beruhigter. Auch der Dom und seine Jünger sind zurück im Alltag. Die Messe wird zu einer akustischen Hörenswürdigkeit. Eine letzte Sehenswürdigkeit wird das Naturhistorische Museum, in dem man sich nicht verlaufen aber treiben lassen kann. Das Haus selbst strahlt bereits museale Kunst-Schönheit aus.
Fast hat man das Gefühl Alexander von Humboldt persönlich lädt einen gleich zu einer Melange im Kuppelcafé ein oder läuft mit einem Swiffer die Vitrinen ab. Die modernen Möglichkeiten, die auch hier sinnvoll Einzug halten, lassen den Besuch zu einem wahren, lebendigen Erlebnis werden.

Und so besteigen wir, mit vielen Eindrücken im Gepäck, das letzte Abenteuer. Nachtzug. Schlafabteil. Nur fliegen ist schöner … Zum Frühstück dann die Nachricht: letzter Halt Hannover. Der Sturm hat die norddeutsche Tiefebene verwüstet. Wir stehen auf dem Abstellgleis. Eine Anekdote mehr! Und noch viele zu wenig. Österreich ist auf jeden Fall eine weitere Reise wert!

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