Jetzt wird’s wild! Ins Glas kommt zum geschmorten Rotwild kein Spätburgunder und kein Lemberger, sondern ein deutscher Blaufränkisch. Und wo sonst als in Franken kann man den Lemberger, außerhalb Österreichs, waschecht Blaufränkisch nennen. Premiere für einen besonderen Rothwein.
Was die Natur zu bieten hat.
Der Hirsch röhrt nicht mehr, er kommt in die Röhre. Seine Keule wird anfangs bei 100 und später bei 90 °C zart und saftig gegaart. Dazu gibt’s einen Blaufränkisch von einem Weingut mit Weitblick.

Was trinkt man zu Wild?
Nicht obergäriges aus Oberfranken, sondern Blaufränkisch aus Unterfranken!
Wie es dazu kam? Eine Urlaubsliebe aus dem Burgenland, die in Franken verbotenerweise Wurzeln geschlagen hat. Ohne Visum. Mit Vision. Das Familienweingut Roth aus Wiesenbronn hat schon in den 1980iger Jahren die Rebsorte Blaufränkisch gepflanzt. Die Rebstöcke nach Deutschland geschmuggelt, entkam man nur knapp dem Rodungsbescheid. Als Versuchsanlage wurde es amtlich toleriert. Denn Gerhard Roth fragte sich schon vor der ersten Birkenstock-Müsli-Bewegung, welche Sorte zukunftsfähig sein könnte und durch eine gewisse Robustheit für den Ökoanbau geeignet ist. Jenseits von Merlot, Cabernet und einem Allerweltstil. Der Blaufränkisch, den er im Burgenland kennenlernte war ganz nach seinem Rothweingusto. Speziell die Region des Leithabergs erinnerte ihn dabei an seine Heimat Franken.
Im Wald gelebt, am Wald gewachsen, das Wild begossen.
Der fränkische Blaufränkisch – in Südwestdeutschland als Lemberger bekannt – wächst auf Gipskeuper und wird 2 Jahre im Barrique ausgebaut. Das Holz ist harmonisch präsent, dazu paart sich eine pflaumig-dunkelbeerige frische Frucht und Würzigkeit. Klassisch elegant, mit Tiefe.
Die Weinberglage am Steigerwald schützt vor Kaltluft und hält die Temperatur etwas wärmer als im Maintal. So steht keine zu starke Säureentwicklung im Vordergrund und die Gerbstoffstruktur wird anregt. Mit nur 400 Liter Niederschlag im Jahresmittel bleibt der Boden trocken und warm. Diese Bedingungen machen Wiesenbronn zu einem Rotweinfleckchen in Franken, wo der Silvaner den Ton angibt. Aber nicht nur Gerhard Roth war mit seinem Blaufränkisch Pionier. Es liegt der Familie im Blut, die schon 1946 die ersten ihrer Rotweinart waren.

Kein Massenwein und auch kein Messwein – einfach bodenständig-ökologischer Weinbau.
Und das seit 1974. Auch wenn die Roths einen Wein machen der „m’Pfarrer seiner“ heißt, für das Glaubensbekenntnis zur Natur brauchte es weder Versuchung noch Vergebung. Das Qualitäts- und Naturbewusstsein entstand schon zu einer Zeit, als der Begriff Nachhaltigkeit vermutlich noch gar nicht existierte. Das umweltbewusste Arbeiten mit der Natur zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben der Roths. Die Fässer werden aus heimischer Eiche gefertigt und auch das Weingut selbst wurde nach ökologischen Standards gebaut. Dazu gehörte auch der Schritt den Ertrag zu beschränken. Und das in der Saufhochphase, wo nicht nur in Kröv blankgezogen wurde und ausgepresst wurde, was nur ging. Die Reben werden zum Arbeiten gezwungen. Sie müssen sich tiefe Wurzeln erarbeiten und werden nicht mit Bewässerung und Dünger verwöhnt. Natürliche Begrünung gegen Erosionsschäden, für eine natürliche Vielfalt und Nahrungskette.
Wild, Wald und Wiesenbronn
Nicht nur unsere geschmorte Hirschkeule ist ein Prachtstück, auch der Heller Berg ist eine Paradelage. Er hat 2 ha und ist im Alleinbesitz der Familie. Die Ausrichtung Süd-West, der Boden karg – Gipskeuper.
Und auch beim Holz bleibt man heimisch. Die Barriques werden aus Wiesenbronner Eiche gefertigt. Der Blaufränkisch Heller Berg aus diesen Fässern wird mit einem G ausgezeichnet – G wie Gerhard oder groß oder großartig.
Auch wenn sie Roth heißen, sie haben sich nicht nur dem Rotwein (50% der Produktion) verschrieben. Sie können auch Weißwein. Und auch den ganz ohne kirchlichen Beistand. Die rotweintypische Maischegärung – natürlich spontan mit den Hefen, die die Trauben und der Keller an sich haben, wird auch bei einigen Weißweinen angewandt. Beispielsweise im Q.E.D. – einem gemischten Satz, der 9 Monate im Betonei ausgebaut wird. Und der besagte ’m Pfarrer seiner. Die Neugier und Weiterentwicklung ruht also nicht. Und so passt auch das Betonei zur Philosophie. Beton ist atmungsaktiv und lässt einen Sauerstoffaustausch zu. Vor allem ist es aber die Form, denn das während der Gärung entstehende CO2 steigt darin auf, strömt an der runden Innenwand hinab und sorgt für einen Bewegungskreislauf des Rebsafts.
Paar Excellence.
Wenn Harzer Hirsch und fränkischer Blaufränkisch aufeinander treffen ergibt das nicht eine plumpe Balz, sondern ein feines Foodpairing. Man muss also längst nicht nur Rot zu Wild trinken, aber ein Roth mundet immer.
