Je oller, je doller … In Elfriedes Witwenball gab’s zwar keine Live-Musik – die Zunge konnte dennoch tanzen!
Piesporter Goldtröpfchen und Kröver Nacktarsch wurden sicherlich schon einst im Tanzlokal der goldenen 1920er getrunken. Was anno 2018, hundert Jahre später, in die Gläser kam war auch Geschmacksgold. Und in der Machart gar nicht so weit entfernt von damals. Denn Philipp Kettern und Daniel Niepoort arbeiten bewusst „nostalgisch“. Zwar existierten Begriffe wie nachhaltig und natural damals noch nicht, gearbeitet wurde trotzdem so. Und Zeit nahm man sich auch. Vieles ist also beim Alten. Und das schmeckt im Jetzt dann neu.
Eine legendäre Jahrhundertlage der Mosel wird derzeit von einem anderen Duo beackert, ein ebenfalls spannendes Projekt.
19 Uhr. Beach-Boy Alarm an der Elbe! Die Jungs von Salt & Silver können ihre Boards einpacken. Die beiden Winzer wirkten als kämen sie nicht von der Mosel, sondern vom Wellenreiten an der Allgarve.
Der Mosel-Wein von Fio, dem gemeinsamen Weinprojekt von Philipp Kettern, Daniel Niepoort und dessen Vater Dirk Niepoort, war der Anlass für diesen Abend im Witwenball.
Ein Highlight war auch das begleitende Essen.
Und die Begleitung von Hendrik Thoma. Der Wein wird praktischer Weise ein paar Hamburger Ecken weiter auch über „Wein am Limit“ vertrieben.
Die kleinen Anekdoten des Trios machten den Abend absolut unterhaltsam, die Tischgespräche mit Daniel Niepoort ungezwungen, sympathisch und mit interessanten Insights.
Zur Weinverkostung – geöffnet wurden die Jahrgänge 12, 15 und 16 – servierte das superfreundliche Witwenball-Team ein perfekter Foodparing!
Los ging’s mit einem zart gegarten und kross gegrillten Pulpo an knackig frischen Erbsen. Top! Die Kleckse brauchte es eigentlich lediglich als optischen Tupfer.
Zum Orange Wein dann einen Raviolo mit Frischkäse und einer zum Reinlegen guten Bärlauchsauce, die nicht den beißenden Knoblauch-Charakter hatte, sondern ganz smooth auf der Zunge zerlief. Das Gericht hat dem mostigen Rebell im Fio-Sortiment eine spannende Breite und Vielschichtigkeit im Aroma gegeben und die Säure gezügelt. Ein Frühlingsgang der das „Jo Jo“ als gechillte Reaktion nicht nur bei den Winzern auslöst.
Im Hauptgang der erste Spargel. Aber der wahre König war nicht das Gemüse, es war die buttrige Hollandaise! Dazu ein unglaublich gutes Kalb. Auch die Rauke dazu war mehr als stimmig. Im Glas der Fio von Fio. Der Wein, der für Fio perfekten Moselriesling verkörpert. Ausgeschenkt in einer kleinen Magnum. Jahrgang 2012. 18 Monate auf der Hefe, unfiltriert. Und ob des „Alters“ zeigt er wirklich einen großen Unterschied zum bekannten Moselschieferriesling. Eine ganz feine Phenolik, nicht die Tankstelle am Kreisel in Zell, unterhalb der Schwarzen Katz. Auch die Restsüße und Säure perfekt ausbalanciert. Dazu Leichtigkeit und Fülle. Keine Widersprüche.
Zum Dessert ein Trio aus knackigem Rhabarber, auch Jahrespremiere, sanftem Himbeerparfait und knusprigem Cakecrumble. Ein frischer, leichter Ausklang, der dem finalen Wein eine perfekte Bühne gab.
Das Topmodel der Mosel, der Kabinett, heißt zurecht Cabisehrnett. Das ist nicht untertrieben! Zuckersüße Frucht trifft vibrierende Säure, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft. Das nennt man wohl Trinkfreude. Große Präsenz bei 8,5 % Alkohol. Einziges Bitter, der Preis. Den kann man allerdings mit jedem Schluck genüsslich hinunterspülen.
Den Niepoort-Port, den Daniel Niepoort als Digestif, in Kombination mit einem Mosel-Kabinett, ans Herz legte, gab es leider nur unter der Ladentheke. Dafür aber gut gechillt.
Dieser Abend hatte nicht nur durch einen persönlichen Moselbesuch einen besonderen Reiz.
Kleine Rotweinrandnotiz: Fio hat den roten Faden auf Rotwein erweitert und sich Unterstützung von einem Big-„Typo“-Player geholt: Markus Schneider.
Mosel hat Riesling der nicht nur rockt, sondern loose am Gaumen hängt!