Alles andere als ein Trauerkloß: Marillenknödel

Die Kartoffel steckt in der Krise. Midlife-Crisis im 500. Jahr? Ausgerechnet Italien ist dafür verantwortlich. Wo doch ihr „Entdecker“, der Globalisierungsmacher und Erstimporteur Christoph Kolumbus, selbst Italiener war. Wie lieblich und wandelbar der Erdapfel sein kann zeigt ein Küchensüßspeisenklassiker: der Marillenknödel.

Heute wäre der Alte Fritz wohl froh um eine Allianz mit der österreichischen – seinerzeit habsburgischen und feindlichen – Küche. Denn laut Forsa Umfrage im Ernährungsreport 2016 verliert die Erdknolle weiter an kulinarischer Bedeutung. Die Nudel gewinnt mit ihrem italienischen Temperament weiter an Popularität. Ob Pappardelle, Pici oder Penne (rigate und lisce), mit 35% Beliebtheit liegt Pasta klar auf Platz 1, vor der mit 18% zweitplatzierten Ackerfrucht. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Anbau in Preußen noch explizit befohlen! Der Kartoffelbefehl vom 24. März 1756 lautete:

Circulare an sämtliche Landräte und Beamte wegen Anbauung der Tartoffeln

Es ist von uns in höchster Person in unseren anderen Provinzen die Anpflanzung der sog. Tartoffeln, als ein sehr nützliches und sowohl für Menschen als Vieh auf sehr vielfache Weise dienliches Erd-Gewächse, ernstlich anbefohlen. Da wir nun bemerkt, dass man sich in Schlesien mit Anziehung dieses Gewächses nicht sonderlich abgibt; darum habt ihr denen Herrschaften und Untertanen den Nutzen von Anpflanzungen dieses Erd-Gewächses begreiflich zu machen, und denselben anzuraten, dass sie noch dieses Frühjahr die Pflanzung der Tartoffeln, als einer sehr nahrhaften Speise, unternehmen müssen, besonders dadurch die armen Bauern und Untertanen in den Stand gesetzt werden, manchen Scheffel Korn mehr zu verkaufen, welchen sie sonst zum Brote anwenden müssen, mithin ihnen die Unterhaltung ihrer Familien, und Abführung ihrer praestandoren Verpflichtungen leichter fallen wird, indem diese Frucht bekanntermaßen sich sehr vermehrt, man auf gleichem Terrain von keinem Gewächse mehr, als den Kartoffeln gewinnen kann, wie dann auch die Domina (Gutsherren) und Untertanen finden werden, dass sie von der Erziehung dieses Erd-Gewächses, teils dadurch, dass sie solches selbst konsumieren, und dabei viel Getreide zu menagieren (sparen) im Stande gelangen, teils aber auch durch deren Verkauf und Führung zu Markte sehr guten Nutzen haben können, und müssen übrigens diejenige Örter, die zur Zeit noch mit gar keinen Tartoffeln versehen, von andern Orten sich dergleichen zur Saat anschaffen.


Anno 1763 gründete Friedrich II. gleich noch die Königliche Porzellan-Manufaktur. Vielleicht um die Sättigungsbeilage in gebührendem Geschirr servieren lassen zu können …
Die älteste Nudelfabrik in Deutschland wurde übrigens 37 Jahre später in Erfurt (Thüringen) – im Jahre 1793 – von Johann Peter Belling gegründet. Diese produzierte während der Napoleonischen Kriege Nudeln exklusiv als „Soldatenfutter“.

Zahlreichen Migrationswellen ist heute eine freie und vielseitige Zutaten- und Speisenwahl zu verdanken. Die kulianrische Integration ist gelungen! Ein Blick in die Kochtöpfe in ein paar Jahrzehnten wird sicherlich nochmals eine noch reichere Vielfalt auf den Tisch bringen.


Wir lassen uns vom ausschließlich vom Geschmack überzeugen und legen die Messer nieder, denn für einen geschmeidigen Marillenknödel reicht eine Gabel.

So wird aus der Knolle ein Knödel:
Für 8 Knödel ca. 1 kg Kartoffeln kochen, abkühlen lassen und pellen. Anschließend pressen und mit 2 Eigelb, einer Prise Salz und 150 g Mehl vermengen. Aus dem Teig jeweils die gewünschte Knödelgröße abnehmen und vorformen. Tipp: Hände mit Speiseöl einreiben hilft gegen Verkleben. Die Teigportionen im Handteller flachdrücken, eine halbe Aprikose mit der Wölbung nach unten sanft hineindrücken und einen Teelöffel Zucker in das ehemalige Kerngehäuse streuen. Mit dem Teig umschließen und zu einer Kugel formen. Die Knödel im leicht siedenden Wasserbad ca. 10 Minuten gar ziehen lassen. Sie zeigen sich an der Wasseroberfläche sobald sie verzehrbereit sind. In der Zwischenzeit Butter in der Pfanne schmelzen und darin Semmelbrösel goldbraun backen. Die Bröselbutter über die Knödel gießen und genießen.

Aus der Schale geschmissen.
Aus der Schale geschmissen.
Die Zubereitung ist mehr als ei-nfach.
Die Zubereitung ist mehr als ei-nfach.
Gut versteckt: die süße, fruchtige Füllung.
Gut versteckt: die süße, fruchtige Füllung.
Brösel in Butter. Kein Kunstwerk von Beuys.
Brösel in Butter. Kein Kunstwerk von Beuys.
Heute ein Kartoffelkönig. Die Pasta kann Urlaub machen. In Italien.
Heute ein Kartoffelkönig. Die Pasta kann Urlaub machen. In Italien.

Kein Kind von Traurigkeit (mehr). Auch die Jugend gehört zur Geschmackszielgruppe.

Bewertung Carlotta: KrönchenKrönchenKrönchenKrönchenKrönchen(von 6)

Nachschlag-Ausschlag Carl: TellerchenTellerchenTellerchen(von 3)

 

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