Ein kostbares Herbstwochenende in Würzburg und dem umliegenden Weinland.
Das Jahr geht in die heiße Phase, höchste Zeit wieder einmal gen Süden zu entfliehen. Würzburg zeigt sich sonnig mediterran. Wohl die letzten Spätsommergefühle. Nicht nur auf, an und neben der alten Mainbrücke.
Zum Einstand eine Verkostung der Großen Gewächse 2014 (Silvaner Würzburger Stein, Silvaner Iphofen Julius Echter Berg, Riesling Würzburger Stein, Weißburgunder Volkacher Karthäuser) im Juliusspital. Nach einjähriger Abstinenz, da den Weinen jetzt zwei Jahre Zeit gegönnt wird, bis sie in den Verkauf kommen. Die beeindruckendste Nase bei straighter Säure hat der Stein Silvaner. Und wo wir uns gerade mit der Stein-Lage befasst haben, statten wir dieser direkt noch einen Besuch ab.
Mittendrin liegt das beeindruckende Weingut am Stein. Stilvolle Naturharmonie, eine Symbiose aus Moderne und Klassik. Frei von Klischee und Kitsch. Freundlich, nicht nur die Architektur, auch die Gastgeberin und ihr Team. Mitten in der Erntehochphase dürfen wir eine entspannte Verkostung vom Feinsten genießen. Feine Stoffe aus zarten Zalto Gläsern, regionale kleine Schmankerl und die Ausssicht auf die Lage, die uns aus dem Glas umhaucht. Die Ersten Lagen beeindrucken, nicht nur der Stein, besonders die Innere Leiste am Marienberg. Außergewöhnlich die Reihe VINZ, benannt nach dem Sohn der Familie. Junges aus alten Reben: ein würziger, tiefgründiger Silvaner. In der Reihe Montonia begeistert uns ein filigraner Spätburgunder mit Wärme und Kraft. Ganz zu schweigen von Edelsüß. Stille und schwelgen in Genuss. Während wir seelig vom Hof in den Abend entschwinden, wird die Lese eingefahren. Saftiges trifft auf Entrapptes.
Der Abend erdet uns wieder. Da das Tiepolo bereits ausgebucht ist, lassen wir den ersten Abend im Bürgerspital bei gutbürgerlicher Küche ausklingen. Auf der Karte und bei uns auf dem Tisch: Blaue Zipfel, also gekochte Würschtel in „asiatisch“ süß-saurem Sud und Zitronen-Brathendl mit einem genial senfig-speckigen Kartoffelsalat. Flädlesuppe und Kalbsschnitzel sowie ein modernes Rote Beete Süppchen und Semmelknöfelsufflé.
Von der Sonne geweckt. Liebe- und geschmackvolles Frühstück im Fred. Süß mit Porridge. Volles Haus, hinaus!
Ausflug ins Umland. Dieses mal nicht Richtung Iphofen, sondern nach Volkach. Mit Stopp bei der Vogelsburg. Der Weinlehrpfad mit Riesling, Muskateller, Müller und Silvaner ist leider schon ein Leerpfad. Vereinzelt hängen noch vollreife süße Traubenreste an den Reben. Blick auf den Lump von Escherndorf und den alten ursprüglichen Main.
Ein Pilgerspaziergang vorbei an säurebetonten Schwarzrieslingtrauben zur Maria im Weingarten mit Tilman Riemenschneiders Madonnen-Schnitzerei im Rosenkranz von 1521-24. Volkach dann voll. Überfüllt. Zu schön das Wetter. Zu viele auf der Suche nach Zwiebelkuchen und Federweißer.
Weiter nach Nordheim. Mit Fähre über den Main. In der Ruhe liegt die Kraft. Sonnenschein, Open-Air-Auto, ach Sommer! Sommerach. Eine Villa mit exzellentem Kuchen. Geschmack auch, wohin man schaut.
Weiter durch Escherndorf. Kein Halt. Nicht Sauer sein! Auch Dettelbach zieht heut vorüber und nicht an mit seinem Mittelaltercharme. Die Auslese an umliegenden Weintraubenträumen zu vielfältig.
Unser Abend: barock! Ein Kardinalsdinner. Gourmetgenuss klangvoll untermalt von Kiri Te Kanawa. Ein Prickelnder vom Juliusspital im Glas. Der Auftakt, ein herbstlich erfrischendes Bruschetta mit einem Avocado-Apfel-Tartar und Ingwer.
Gefolgt von einer Süßkartoffel-Limettensuppe mit Roter Beete. Optisch an Kürbis erinnernd, dabei leichter und feiner. Dazu ein nichtregionaler Charta Riesling von Robert Weil.
Großartig der sogenannte Zwischengang: Samtig erfrischende Zitronenpasta mit knackigem Fenchel.
Pause. Zeit, das große Weißburgunder-Gewächs vom Juliusspital aus dem 12er Jahrgang wirken zu lassen. Dazu ein Niedrigtemperatur gegartes Kalbsfilet. 3 Stunden bei 80 °C. Zart zergeht so! Auf der Zunge. Dazu Herbstgemüse. Mit dem der Suppe entkommenen Kürbis. Dazu natürlich nicht nur ein feiner Tropfen, auch ein feines Sößchen. Und als Pendent zu Weiß, ein Roter von Holzapfel aus Österreich.
Finale zu später Stunde. Halbgefrorenes mit Butterkeks und karamellisiertem Apfel. Ein Gaumenschmeichler – auch die Rieslaner Auslese. Ebenfalls vom Juliusspital. Da werden Kranke schnell gesund. Oder zu Simulanten …
Geschmack. Voll. Eindrucksvoll. Die Region Würzburg ist ein idyllisches Kleinod, das Freude macht. Gut, dort Freunde gefunden zu haben. Danke für großartige Gastfreundschaft. Auf bald!
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