Gewürzkuchen anno 1920

Dieses Rezept ist gut 100 Jahre alt. Und aus heutiger Sicht schon fast ein archäologisches Unterfangen. Es stammt aus der Familie eines Harzer Försters. Und so machen wir uns ersteinmal auf die Jagd nach der Entschlüsselung der Rezeptangaben, die Waidmannsdank nicht bis zum 4. Advent dauerte …fullsizerenderNicht nur die Backzeit wirft Fragen auf. Eine Temperaturangabe existiert nicht. Wie auch, bei einem damals üblichen Holzofen oder eines „modernen“ Gasofens. Da ist Gespür und Erfahrung gefragt. Auch die Mengenangabe Messerspitze ist eher ein kreativer Aufruf. Schälmesser, Kochmesser, Buckelmesser? Das Online-Lexikon, mit der Quelle „Grundzüge der Arzneidosenlehre und einer dosologischen Arithmetik in Bezug auf die innerliche Anwendung von Heilmittel“ von Adolf Durst, 1895, Seite 159 ff. sagt dazu: „Eine Messerspitze ist eine für pulverisierte Stoffe übliche Maßeinheit, gebräuchlich in Rezeptangaben und Dosierungsempfelungen für pulverisierte Medikamente. Die gebräuchliche Abkürzung dafür in Rezepturen ist Msp. Für Medikamente bezeichnete sie die Pulvermenge, die etwa auf dem vorderen Zentimeter der Spitze eines herkömmlichen Besteckmessers stehen bleibt, wenn das Messer in das Pulver eingetaucht wird und waagerecht herausgehoben wird. Das entspricht ca. 0,1 bis 0,5 g Pulver. In Kochrezepten bezeichnet eine Messerspitze eine kleine Menge einer Substanz, etwas mehr als eine Prise. Die Messerspitze ist eine sehr ungenaue Maßeinheit.“
Und das eigenartige Zeichen?

pfund
Das Pfundsymbol. 1 Pfund entspricht 500 g. So viel zu den Mengen …
Bei der Temperatur halten wir uns an übliche Grad Celsius Angaben für Kastenkuchen. Ebenfalls bei der Backzeit.


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Die Zutaten und Zubereitung (der Kladde entnommen)


125 g Fett (wir nehmen „gute Butter“), 250 g Zucker, 4 Eier, 1 Päckchen Vanille-Zucker, 3 Tropfen Bittermandel, 1 Prise Salz, 1 Messerspitze geriebene Muskatnuss, 1 Messerspitze gemahlene Nelken, 1 Teelöffel gemahlene Zimtrinde, 50 g Kakao, 350 g Mehl, 4 Teelöffel Backpulver, 125 ml Sahne.

Aus der Angabe 1/2 bis 1 Stunde backen haben wir 50 Minuten gemacht. Und zwar bei 180 °C Ober-/Unterhitze. Anschließend etwas abkühlen lassen und mit Schokoladenguss bepinseln.img_1349


Schmeckt auch 2016 noch nach Vorfreude auf Winter und Weihnachten!

Bewertung Carlotta: KrönchenKrönchenKrönchenKrönchen(von 6)

Nachschlag-Ausschlag Carl: Tellerchen(von 3)

5 Kommentare Gib deinen ab

  1. Dein Text lässt mich schmunzeln und hört sich wunderbar an. Leider Backe ich nicht gerne.
    Die Massangaben in alten Rezepten sind tatsächlich mit Vorsicht zu geniessen. In einem Kochbuch von 1861 bin ich mal auf folgende Angaben gestossen;“….Eine Zeit in der die Flüssigkeitsmengen im Preußischen Quart und das Pfund in Hamburg 29 Loht, in Österreich jedoch deren 36 hatte. Ein Loht wiederum entsprach einem gehäuften Esslöfffel.“
    Liebe Grüsse, Bernhard

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    1. Danke. Das klingt ja nach einem richtigen Abenteuer! Um welch ein Rezept handelte es sich, wenn ich fragen darf?

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      1. In unserem Blog hatte ich am 15,März 2016 einen Text über dieses Kochbuch geschrieben; FOOD KOLUMNE NR. 59 | SOPHIE WILHELMINE SCHEIBLER. Der ist einfach zu finden. Wenn dich weiteres dazu interessiert bin ich gerne behilflich. LGm Bernhard

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  2. Das hoert sich sehr interresant an.

    Liebe Gruesse

    Monika

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    1. Ja, und das besondere an dem Kuchen, er wird mit jedem Tag besser. Das hat man ja bei Lebensmitteln heutzutage selten. Jedenfalls bei konventionellen.

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